- 1980 - 1989

Der Weg in die Normalität
Die Forderungen der Alsterdorfer Mitarbeiter Ende der 70er Jahre lesen sich heute wie Selbstverständlichkeiten: Gründung von Wohngruppen in den Stadtteilen, Aufhebung der Geschlechtertrennung in den Wohnungen, Schaffung von Förderangeboten für Menschen mit sehr schweren Behinderungen.
Der Zeit-Skandal und seine Folgen
1979 erscheint im renommierten Zeit-Magazin eine Reportage über die katastrophalen Lebensbedingungen sehr schwer behinderter Menschen in Alsterdorf. Die Reaktion der Öffentlichkeit bringt Stiftungsleitung und aufsichtführende Behörde in massiven Rechtfertigungs- und Erklärungsdruck – im Kreuzfeuer der Kritik werden die vorhandenen beispielhaften Projekte nicht mehr registriert. Aber der äußere Druck beschleunigt auch die Entwicklung: Der Pflegesatz der Stiftung, bis dahin der niedrigste aller Einrichtungen der Behindertenhilfe in Hamburg, wird durch die damalige Sozialbehörde erhöht. Außerdem wird der Stiftung ein Kredit gewährt, für den Neubau eines Hauses, das die Wohnplatzsituation verbessert. Das sechsstöckige Carl-Koops-Haus wird 1982 eingeweiht und bietet ca. 220 Menschen Wohnmöglichkeiten in 2-3-Bettzimmern.Gegenüber der vorhandenen Schlafsaalsituation eine deutliche Verbesserung. Trotzdem gilt das Carl-Koops-Haus schon damals als nicht besonders behindertengerecht.
Wohnangebote in den Stadtteilen Hamburgs
Anfang der 80er Jahre ziehen zudem immer mehr Wohnverbünde vom Stiftungsgelände in Hamburgs Stadtteile. Eine erste Gruppe siedelt sich im Hamburger Umland an. Die frei werdenden Räumlichkeiten auf dem Stiftungsgelände ermöglichen eine Auflockerung der Belegung – jahrelang hat die Stiftung einen Aufnahmestopp. Bessere personelle und räumliche Ausstattung, intensive Zuwendung und moderne pädagogische Konzepte verbessern die Lebensbedingungen der geistig behinderten Bewohner in der Stiftung in den 80er Jahren erheblich.
Integrative Erziehung
1981 endet auch ein anderes jahrzehntelanges Provisorium: Die Sonderschule zieht aus den Nachkriegsbaracken in einen großräumigen Schulneubau. Jetzt werden – auch wenn sie dem Schulalter zum Teil längst entwachsen sind – sehr schwer behinderte Bewohner eingeschult. Zehn Jahre später endet die Ära der Heim-Sonderschule, denn in der Stiftung leben kaum noch Kinder im schulpflichtigen Alter. Die Verantwortlichen gründen 1989 Hamburgs erste Grundschule mit Integrationsklassen und benennen die Schule nach Johann Bugenhagen, dem Weggefährten Luthers und Kirchen- und Schulreformer. 1995 setzt die Bugenhagen-Schule den Integrationsgedanken auch im Gesamtschulbereich fort. Bereits einige Jahre vorher reformierte sie ihren Sonderschulzweig.
Ein neuer Vorstand
1982 tritt Pastor Hans-Georg Schmidt zurück. Interimsdirektor wird für ein Jahr Lübecks späterer Bischof Karl-Ludwig Kohlwage. 1983 übernimmt der Hamburger Propst Rudi Mondry den Vorsitz im inzwischen dreiköpfigen Vorstand. Mondry sorgt für die Aufarbeitung der Alsterdorfer Geschichte und treibt die konzeptionelle Weiterentwicklung der Behindertenhilfe konsequent voran. Deren Regionalisierung wird 1989 Programm. In seine Amtszeit fällt auch die Änderung des Stiftungsnamens im Jahr 1988. Aus den Alsterdorfer Anstalten wird die Evangelische Stiftung Alsterdorf. In den verschiedenen Arbeitsbereichen der Evangelischen Stiftung Alsterdorf werden Anfang der 90erJahre etwa 1.700 Menschen betreut. Eine Konzentration der Aktivitäten liegt im Hamburger Stadtgebiet und im Umland der Hansestadt.