Wirtschaftsbericht der Evangelischen Stiftung Alsterdorf 2019
1. Wesentliche Vorgänge des Geschäftsjahres 2019
Das Jahr 2019 verlief für die Evangelische Stiftung Alsterdorf (ESA) und ihre Tochterunternehmen erneut positiv. Die in den letzten Jahren erfolgte Konzentration auf die Kernkompetenzbereiche der Stiftung und die Entwicklung zukunftsorientierter Konzepte führten zu einer stabilen Ertragslage im Unternehmensverbund. Die Vielfalt der Einzelunternehmen mit ihren unterschiedlichen Geschäftsfeldern leistete hierzu einen wichtigen Beitrag.
Aufbauend auf das im Jahr 2017 erarbeitete Orientierungspapier „Diakonische Profilentwicklung“ wurde auch 2019 das diakonische Selbstverständnis der Stiftung als wertegebundenes, religiös plural aufgestelltes Unternehmen gestärkt und weiterentwickelt. 2018 und 2019 wurden 14 Mitarbeiter*innen aus unterschiedlichen Unternehmensbereichen zu sogenannten „Diakonischen Schlüsselpersonen“ ausgebildet, um das diakonische Profil der Stiftung übergreifend weiterzuentwickeln.
Im Juni 2018 wurde eine Folgevereinbarung zum Trägerbudget zwischen der ESA (handelnd für die beiden Assistenzgesellschaften und für alsterarbeit) und der Hamburger Behörde für Arbeit, Soziales, Familie und Integration abgeschlossen. Diese gilt von 2019 bis 2023 und schließt an die bereits seit 2014 bestehende Vereinbarung an. Ziel dieser Folgevereinbarung ist es, die in den vergangenen Jahren entwickelten Ansätze weiter zu vertiefen und neue Projekte umzusetzen, um die Teilhabe von Menschen mit Unterstützungsbedarf zu stärken.
Die Vorbereitung der Umsetzung der nächsten Stufe des BTHG ab 2020, eine umfangreiche Gesetzesänderung in der Eingliederungshilfe, musste 2019 auf den Weg gebracht werden. Neue Leistungs- und Vergütungsvereinbarungen sowie Übergangsregelungen mit den Kommunen in Schleswig-Holstein und Niedersachsen sowie neue Verträge mit ca. 1.600 Klient*innen mussten verhandelt und abgeschlossen werden.
Anfang 2019 startete das Sozialraumprojekt „QplusAlter“. QplusAlter ist ein neues, bereichsübergreifendes Angebot für ältere Menschen mit Unterstützungsbedarf. Das Evangelische Krankenhaus Alsterdorf (EKA) und der Bereich Sozialraumentwicklung der ESA arbeiten dabei eng zusammen. Ziel ist es, neue Unterstützungsformen für ältere Menschen zu erproben und damit den Herausforderungen des demografischen Wandels und des Fachkräftemangels in der Pflege zu begegnen.
Im Bereich Medizin wurde in Abstimmung mit der Behörde für Gesundheit und Verbraucherschutz der Hansestadt Hamburg ein Erweiterungsbau (Psychiatrie, Epilepsie-Monitoring, Qualifizierter Entzug legaler Drogen und Tagesklinik für Geriatrie) für das EKA geplant. Das Bauvorhaben wird aus Fördermitteln finanziert. Die Fertigstellung ist für 2023 vorgesehen.
Im September 2019 wurde der Neubau „Klinik am Alsterlauf“ auf dem Gelände der Heinrich Sengelmann Kliniken (HSK) eröffnet und zusätzliche stationäre Kapazitäten geschaffen.
Im Bereich IT wurden für die Sicherstellung der Zukunftsfähigkeit der eingesetzten Hard- und Software im Jahr 2019 umfangreiche Modernisierungsmaßnahmen durchgeführt. Diese waren durch bestehende Verträge abgedeckt, sodass dadurch keine Kostensteigerungen entstanden.
Für eine rund 10.000 m2 große Teilfläche des ESA-Geländes im Anschluss an die Barakiel-Halle („Koops-Quartier“) wurde die Hochbau- und Freiraumplanung gemäß dem Ergebnis eines städtebaulichen Wettbewerbs aus dem Jahr 2018 aufgenommen. Insgesamt sollen auf dem Gelände knapp 100 Wohnungen entstehen, die im Sinne der Fortentwicklung des Stiftungsgeländes zu einem inklusiven Quartier vermietet werden. Im März 2020 wurde der Bauantrag eingereicht. Baubeginn ist für Ende 2020 vorgesehen.
Das Objekt Alsterdorfer Markt 7 („Haus Michelfelder“) wird zum „Haus für Barrierefreiheit“ ausgebaut und zum neuen Standort für das „Kompetenzzentrum für ein barrierefreies Hamburg“ und das „Beratungszentrum für technische Hilfen und Wohnraumanpassung“ werden. Das Haus soll eine zentrale Anlaufstelle bei Fragen rund um das Thema Barrierefreiheit bieten und ist ein wichtiger Baustein für den Weg Hamburgs zu einer Inklusionsmetropole. Der erste Bauabschnitt wird im April 2020 fertiggestellt, der zweite Bauabschnitt wird 2021 umgesetzt.
2019 wurde in Hamburg-Eppendorf ein Gebäude mit zehn Wohnungen erworben. Das Gebäude wird vollständig von der assistenz west genutzt.
Als größter diakonischer Arbeitgeber Norddeutschlands veranstaltete die ESA im Mai 2019 zum zweiten Mal den „ESA Campus Day“ (Berufsmesse) auf dem Stiftungsgelände, zu dem etwa 550 Interessierte, Fachkräfte, Auszubildende sowie Schülerinnen und Schüler kamen, um sich über die vielfältigen Arbeits- und Karrieremöglichkeiten im ESA-Unternehmensverbund zu informieren.
Der Personalbereich und der kaufmännische Bereich der Stiftung wurden Ende 2018 neu strukturiert. Die bisherigen Dienstleistungen der Alsterdorf Beteiligungs GmbH (ABG), das Personalmanagement und das Finanz- und Rechnungswesen sind zum 1. Januar 2019 auf die ESA-Holding übergegangen.
Die Anteile an der kesselhaus GmbH sind zum 1. Januar 2019 von der assistenz ost auf die alsterarbeit übergegangen. Im August wurde die kesselhaus GmbH dann rückwirkend zum 1. Januar 2019 mit der alsterarbeit verschmolzen, um über die Betriebsstätte „Alsterdorfer Markt“ ein weiteres Werkstattangebot mit weiteren Werkstattarbeitsplätzen aufzubauen.
Ebenfalls erfolgte im August rückwirkend zum 1. Januar 2019 die Aufspaltung der prosocial gGmbH auf die assistenz ost und die tohus.
2019 erwarb die ABG die Anteile des Minderheitsgesellschafters an der CareFlex Personaldienstleistungen GmbH und hält nunmehr 100 % der Anteile.
1.1 Umsatz- und Auslastungsentwicklung
Die Gesamterlöse des ESA-Unternehmensverbundes haben sich im Vergleich zu 2018 um 6,6 % auf 322 Mio. € erhöht. Der Anstieg ist im Wesentlichen auf eine weiterhin positive Entwicklung der Leistungsbereiche und einen moderaten Anstieg der Leistungsentgelte zurückzuführen.
1.2 Investitionen und Finanzierung
Die Investitionen in das Sachanlagevermögen des Stiftungsverbundes beliefen sich im Jahr 2019 auf rund 11,1 Mio. €. Neben Investitionen in bestehende Immobilien und deren Ausstattung zur Bereitstellung zeitgemäßer Wohnangebote für die Klient*innen des ESA-Unternehmensverbundes wurde 2019 auch ein Gebäude mit 10 Wohnungen in Hamburg-Eppendorf für die Eingliederungshilfe erworben. Ebenfalls wurden die Angebote im medizinischen Bereich erweitert (u. a. Fertigstellung des Neubaus „Klinik am Alsterlauf“, Beginn der Bauplanung des Erweiterungsbaus des EKA).
Dank des weiterhin günstigen Zinsumfeldes konnten die Finanzierungen auch 2019 langfristig zu niedrigen Zinssätzen mit den Banken vereinbart und auslaufende Zinsbindungen zinsgünstig prolongiert werden.
2. Finanz- und Vermögenslage
Zum Bilanzstichtag 31.12.2019 erhöhte sich die Bilanzsumme des ESA-Unternehmensverbundes um rd. 6,7 Mio. € auf 247,0 Mio. €. Wesentliche strukturelle Bilanzänderungen im Vergleich zum Vorjahr gab es nicht.
Das Eigenkapital stieg um +1,9 Mio. € auf 52,3 Mio. €. Unter Berücksichtigung der Sonderposten ergibt sich eine Eigenkapitalquote von 44,7 % (Vorjahr 46,0 %). Eine Stärkung der Eigenkapitalquote wird auch in Zukunft angestrebt.
Die Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten sind im Zuge planmäßiger Tilgungen, Sondertilgungen und unter Berücksichtigung baubezogener Darlehensaufnahmen gegenüber dem Vorjahr um rd. –1,9 Mio. € zurückgegangen. Die flüssigen Mittel in Form von Kassenbestand und Guthaben bei Kreditinstituten sind gegenüber dem Vorjahresstichtag um 4,3 Mio. € auf 20,5 Mio. € gestiegen. Dieses reflektiert u. a. die positive Entwicklung der operativen Tätigkeiten sowie höhere Spendeneingänge. Die Vermögens- und Kapitalstruktur ist solide. Durch ein angemessenes Finanzmanagement stehen ausreichend liquide Mittel zur Erfüllung des operativen Finanzbedarfs des ESA-Unternehmensverbundes zur Verfügung.
3. Ertragslage
Das Jahresergebnis 2019 beträgt 1,9 Mio. €. Dieser Wert liegt mit 27,1 T€ leicht unter Vorjahresniveau. Insgesamt zeigt sich eine stabile Ertragslage im ESA-Unternehmensverbund. Die Basis hierfür wurde durch die konstant hohe Nachfrage nach den Angeboten im gesamten Unternehmensverbund geschaffen.
Ein wichtiger Faktor hierfür sind gut qualifizierte und motivierte Mitarbeiter*innen. Mit ihren Fähigkeiten und ihrem Engagement tragen sie maßgeblich zum Erfolg der ESA bei. Die ESA unterstützt die fachliche und persönliche Entwicklung ihrer Mitarbeiter*innen durch eine leitwerteorientierte und kooperative Führungskultur, die sich insbesondere durch eine offene Kommunikation, wertschätzende Wahrnehmung und Anerkennung des Gegenübers auszeichnet. Zudem sorgt die ESA für transparente und verlässliche Strukturen, umfangreiche Fortbildungsangebote und Möglichkeiten der beruflichen Weiterentwicklung und Lebensphasenorientierung.
2019 waren im ESA-Unternehmensverbund durchschnittlich 6.583 Mitarbeiter*innen tätig (+127 im Vergleich zu 2018). Der Anstieg ist insbesondere auf die zeitnahe Nachbesetzung vakanter Stellen sowie zusätzlichen Personalbedarf für den Ausbau bestehender Angebote und den Aufbau neuer Angebote/Projekte zurückzuführen.
4. Ausblick
Die weltweite Ausbreitung des Coronavirus seit Anfang des Jahres 2020 hat auch Auswirkungen auf den Geschäftsverlauf des ESA-Unternehmensverbundes. In Hamburg wurden Mitte März u. a. alle Schulen, Kitas, Werkstätten für Menschen mit Behinderungen sowie öffentliche Einrichtungen bis auf Weiteres geschlossen, Veranstaltungen wurden abgesagt und Kliniken mussten planbare Aufnahmen verschieben, um Kapazitäten für Covid-19-Patienten zu schaffen. Durch umfangreiche staatliche Hilfen, wie beispielsweise das Sozialdienstleister-Einsatzgesetz (SodEG) oder das Covid-19-Krankenhausentlastungsgesetz sowie eigene Maßnahmen zur Verbesserung der Wirtschaftlichkeit, konnten die Erlösausfälle und Mehraufwendungen (insbesondere für Hygiene- und Sicherheitsmaßnahmen) bisher ansatzweise ausgeglichen werden. Der weitere Verlauf und somit auch die konkreten Auswirkungen auf die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage 2020 sind derzeit jedoch nicht hinreichend verlässlich einzuschätzen.
Grundsätzlich ist die Nachfrage nach Leistungen der Sozial- und Gesundheitswirtschaft weitestgehend konjunkturunabhängig und wird insbesondere durch die demografische und gesellschaftliche Entwicklung in Deutschland weiter ansteigen. Es ist anzunehmen, dass die sozialen Dienstleistungen des ESA-Unternehmensverbundes weiterhin in Anspruch genommen und darüber hinaus auch zunehmen werden. Daher wird kontinuierlich in den Erhalt der für die Angebote der Stiftung notwendigen Gebäude, die Schaffung inklusiver Wohn- und Betreuungsangebote für Menschen mit Assistenzbedarf, den Ausbau bedarfsorientierter medizinischer Angebote sowie in die Entwicklung fachlich innovativer Konzepte investiert. Auf diese Weise sichert die Stiftung ihre Leistungsfähigkeit für die Zukunft. Sie ist damit weiterhin ein wichtiger diakonischer Dienstleister und Arbeitgeber für Hamburg und Schleswig-Holstein.
Faktoren wie demografische Entwicklung, zunehmender Fachkräftemangel und Vereinbarkeit von Beruf und Familie werden den ESA-Unternehmensverbund auch in den kommenden Jahren immer wieder vor neue Herausforderungen stellen, ebenso der digitale Wandel. So wird der Digitalisierungsprozess weiter vorangetrieben, mit dem Ziel, die Assistenz für die Klient*innen weiter zielgerichtet zu optimieren, die Mitarbeitenden bei ihrer Arbeit zu unterstützen, die Dokumentation von Leistungen zu optimieren und Prozesse und Strukturen in der Verwaltung effizienter zu gestalten. Weitere Herausforderungen ergeben sich aus den Umsetzungen bundespolitischer Maßnahmen, wie beispielsweise das Pflegepersonal-Stärkungsgesetz und das Gesetz zur Stärkung der Teilhabe und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen („BTHG“), die die Arbeit der ESA und ihrer Tochtergesellschaften auch im Jahr 2020 beeinflussen werden.
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