Corona-Pandemie: Herausforderungen und Lösungen – ohne Blaupause!
Jeder Tag eine neue Herausforderung – so lässt sich das Jahr 2020 am besten zusammenfassen. Die Corona-Pandemie hat zu tiefgreifenden Veränderungen in unserer täglichen Arbeit mit und für unsere Klient*innen geführt – und auch ihnen einiges abverlangt: Werkstätten wurden geschlossen, tagesstrukturierte Angebote mussten vielerorts eingestellt werden, die Klient*innen waren plötzlich nur noch zu Hause, die persönliche Betreuung und soziale Kontakte wurden reduziert, medizinische und psychologische Versorgungsleistungen wurden erschwert, unser Krankenhaus musste sich auf erhebliche Mehrbelastungen einstellen – um nur einige Beispiele zu nennen, die uns gemeinsam täglich gefordert haben.
Darüber hinaus galt es, so wenig Zeit wie möglich zu verlieren. Grundlegende Entscheidungen mussten schnell getroffen, neue Strukturen ohne Zeitverlust umgesetzt und offene Fragen zügig beantwortet werden. Das erfordert ein hohes Maß an Organisation, Disziplin und Weitblick. Hinzu kamen die behördlichen Verordnungen hinsichtlich der Hygiene- und Schutzmaßnahmen, die für eine Einrichtung wie die Ev. Stiftung Alsterdorf besonders herausfordernd sind. Und für viele unserer Klient*innen besonders schwer zu greifen. Für alle Maßnahmen galt: Es gab keine Blaupause!
Viele Herausforderungen konnten wir durch digitale Angebote lösen. Was im ersten Moment für eine Einrichtung wie die unsere widersprüchlich und ungeeignet erschien, entpuppte sich im Laufe der Umsetzung vielerorts als praktikabel und echter Mehrwert. Die Digitalisierung bietet neue und ergänzende Möglichkeiten – ohne dass dadurch Mitarbeiter*innen eingespart werden. Sie hilft uns dabei, trotz Distanz eine visuelle Nähe aufzubauen, zusätzliche, verlässliche Angebote aufrechtzuerhalten und rund um die Uhr persönlich erreichbar zu sein. Daher werden wir auch nach der Pandemie einige ausgewählte digitale Angebote zusätzlich zu unserer „analogen“ Arbeit beibehalten – und somit ein noch verlässlicherer Partner sein.
Ob analoge Angebote oder digitale Teilhabe für alle – möglich wurden viele Lösungen insbesondere durch den Erfolg des Corona-Hilfsfonds, den wir frühzeitig eingerichtet haben. Mehr als 290.700 Euro haben wir anlässlich der Corona-Pandemie im Jahr 2020 erhalten. Ohne die großzügigen Zuwendungen unserer Förder*innen und Spender*innen hätten wir weder alle notwendigen Gesundheitsvorkehrungen noch die Betreuungsmaßnahmen finanzieren können, da wir als gemeinnütziger Träger keine Möglichkeiten haben, auf größere Rücklagen zuzugreifen. Doch mit Ihrer Hilfe konnten wir handeln!
Aber lesen Sie selbst:
DigiContact – Videoassistenz für alle: So nah kann digital sein!
Für Menschen mit geistigen Behinderungen stellen Veränderungen eine ganz besondere Herausforderung dar: Sie führen zu Verunsicherung, Stress und oftmals zu großer Angst. Mit Beginn der Corona-Pandemie mussten zudem die persönlichen Kontakte zu Assistent*innen, der Familie und anderen vertrauten Personen minimiert werden. Wichtiger Halt und Zuwendung gingen in der Folge verloren, an vielen Stellen kam es zu psychischen Krisen.
Was also tun? Die Digitalisierung unserer Assistenzangebote war die logische Konsequenz – und führte zu dem, was wir „DigiContact“ nennen. Mit der Anschaffung von iPads und der Einführung der DigiContact-App haben wir eine smarte Möglichkeit geschaffen, dass Klient*innen einfach und flexibel mit persönlichen Assistent*innen, Therapeut*innen und Angehörigen auch während der geltenden Kontaktbeschränkungen kommunizieren können – regelmäßig und in Notsituationen.
Die genutzte Software ist sehr reduziert und somit auf die Bedürfnisse von Menschen mit geistiger Behinderung ausgerichtet. Schnell haben sich die Klient*innen mit der Handhabung der Tablets zurechtgefunden und sind begeistert von dieser neuen Möglichkeit der Kommunikation. Neben der digitalen Assistenz, die wir als Ergänzung zur persönlichen Assistenz betrachten und die in Zeiten der Pandemie als wichtige Säule zur Aufrechterhaltung von Kontakten sowie zur Vermeidung psychischer Krisen fungiert, haben viele Klient*innen den Mehrwert der digitalen Endgeräte erkannt und nicht nur als Kommunikationsmittel, sondern auch zum Entertainment genutzt.
Das Feedback unserer Klient*innen war so positiv, dass wir DigiContact kontinuierlich ausgeweitet haben. Dank Ihrer großzügigen Spenden werden wir dieses Angebot auch weiterhin optimieren – von Endgeräten mit spezieller Software für Menschen mit Behinderung über zusätzliche Projekt-Mitarbeiter*innen bis hin zu weiteren digitalen Innovationen. Denn auch in Zukunft wollen wir diese Form der Unterstützung als zusätzliche Alternative zur persönlichen Assistenz aufrechterhalten. So können wir – nicht nur in Krisensituationen – die Selbstständigkeit und psychische Gesundheit stärken sowie der sozialen Isolation vorbeugen. Und wir fördern zudem die digitale Teilhabe von Menschen mit Behinderung.
Videosprechstunde im SIMI: Nachhaltige Verbesserung der medizinischen Versorgung von Menschen mit komplexen Behinderungen
Das Sengelmann Institut für Medizin und Inklusion (SIMI) am Ev. Krankenhaus Alsterdorf ist ein 2015 gegründetes Medizinisches Zentrum für erwachsene Menschen mit komplexen Behinderungen. Von dem interdisziplinären Team aus 13 unterschiedlichen medizinischen Fachrichtungen profitieren insbesondere Menschen, die viel Zeit für die Behandlung benötigen. Deren Krankheitsbilder sind komplex, spezialisiertes Wissen ist erforderlich. Darüber hinaus können Patient*innen mit geistiger Behinderung oftmals ihre Beschwerden nicht äußern – Erfahrung, Ruhe und Geduld sind für die Diagnose und eine Behandlung unabdingbar.
Und dann kam die Corona-Pandemie. Sie führte zu Ansteckungsängsten und strengen Kontaktbeschränkungen. Mit dem Resultat, dass Patient*innen, Angehörige und Betreuer*innen einen Besuch im SIMI mieden, aber dennoch viele Fragen hatten. Bereits im April 2020 haben wir daher im SIMI eine Videosprechstunde für Menschen mit Behinderung und deren Angehörige und Betreuer*innen eingerichtet.
Durch unsere Videosprechstunde bleiben Patient*innen mit Ärzt*innen in regelmäßigem Kontakt und müssen nicht jedes Mal persönlich in der Praxis erscheinen. Auch Betreuer*innen und Angehörige können auf diesem Weg fachärztliche Beratung in Anspruch nehmen. Beispielsweise wenn es darum geht, zu entscheiden, ob die Patient*innen aufgrund von Vorerkrankungen (z. B. Epilepsie) geimpft werden können. In einigen Fällen ist sogar eine Diagnose per Videosprechstunde möglich.
Zu den Schwerpunkten der Videosprechstunde zählen die Weiterführung der bisherigen Behandlung, fachärztliche und psychologische Betreuung sowie der Zugang für neue Patient*innen. So können eine mögliche Verschleppung oder gar eine Verschlimmerung von Krankheiten verhindert und – durch eine rechtzeitige und präventive Behandlung – eine Einlieferung in die Notaufnahme oftmals vermieden werden. Zudem können Menschen mit Behinderungen, die im ländlichen Raum leben, über diese Plattform ohne lange Anfahrt eine wertvolle medizinische Begleitung erfahren. Und Patient*innen, die bislang von der Versorgung abgeschnitten waren, erhalten nun einen Zugang.
Mit anderen Worten: Wir haben umgehend reagiert! Die notwendige Ausstattung an Hard- und Software, deren Implementierung und die Schulung der Mitarbeiter*innen wurden aus Eigenmitteln – und dank der Unterstützung der NDR-Aktion „Hand in Hand für Norddeutschland“ gedeckt.
Während die Finanzierung der Videosprechstunden mit Bestandspatient*innen durch die Ärzt*innen über die Krankenkassen gesichert ist, mussten wir für die Beratungen von Angehörigen und Betreuer*innen jedoch Spendenmittel einwerben. Dank der großzügigen Unterstützung unserer Spender*innen ist die Versorgung bis Ende 2021 gesichert! Anders sieht die Situation hingegen aus bei der Videosprechstunde für Neu-patient*innen, die bisher von der medizinischen Versorgung abgeschnitten waren: Hier benötigen wir dringend weitere Spendenmittel. Denn auch Neupatient*innen soll die Videosprechstunde künftig ermöglicht werden. Dafür machen wir uns stark!
Bewegung in Corona-Zeiten: Balkon-Fitness für alle und Videoübungen für jede*n
Die massiven Kontaktbeschränkungen während der Corona-Pandemie führten auch zur Absage sämtlicher Sportaktivitäten. Aber gerade in Zeiten der Pandemie sind Sport und Bewegung wichtig und wertvoll. Und da Sport in Gemeinschaft am schönsten ist, haben die Mitarbeiter*innen des Bereichs „Sport und Inklusion“ und des Projektes BiQ (Beteiligung im Quartier) – Inklusiv beteiligen einen ebenso pfiffigen wie sportlichen Lichtblick geschaffen: „Balkon-Fitness“ in den Alsterdorfer Gärten! Nach dem Motto „Wenn man nicht zum Sport kommen darf, muss der Sport zu einem kommen“. Hier hatten die Bewohner*innen der Alsterdorfer Gärten die Möglichkeit, regelmäßig sportliche Abwechslung in ihren Corona-Alltag zu bringen.
Einmal die Woche kommen eine Fitnesstrainerin vom Inklusions-Sport-Verein Alsterdorf (ISV) und eine befreundete Trainerin in den Innenhof der Alsterdorfer Gärten und führen dort niedrigschwellige Übungen vor, die von den Bewohner*innen auf dem Balkon oder in der Wohnung nachgemacht werden können – ohne sich dabei in die Nähe von anderen begeben zu müssen. Anfangs noch recht verhalten angenommen, hat sich „Balkon-Fitness“ innerhalb kurzer Zeit als gemeinschaftliches Sportereignis etabliert, das Kindern und Erwachsenen gleichermaßen Freude bereitet – auch unabhängig von einer Behinderung.
Wo Sport in Gemeinschaft nicht möglich ist, muss man sich eben anders helfen. Das hat sich auch unser Mitarbeiter mit Down-Syndrom im Bereich Sport und Inklusion gedacht – und sich etwas Besonderes ausgedacht. Wie bei unzähligen anderen Angestellten war auch für ihn die Arbeit im Homeoffice angesagt, alle Sportkurse waren abgesagt. Was in so einer Situation also tun? Nun, er hat in seiner Wohnung Platz geschaffen, hat sich seine Handykamera gegriffen und Sportvideos gedreht. Hierfür überlegte er sich passende Übungen – mal mehr und mal weniger schwer – auf Augenhöhe zwischen Trainer und Zielgruppe, die von vielen Menschen leicht zu Hause nachgemacht werden können. Inklusive Motivation! Die gedrehten Videos laden übrigens auch weiterhin zu sportlichen Aktivitäten auf seinem YouTube-Kanal ein: https://www.sport-alsterdorf.de/fitness-mit-timo/
KinderWohnen Heidkoppel: Chancen ergreifen – Verbundenheit herstellen
Ob Krankheit, psychische Probleme oder Lebenskrise – wenn Eltern aufgrund persönlicher Krisen Unterstützung benötigen, finden deren Kinder im KinderWohnen ein Zuhause auf Zeit. Wir geben ihnen Geborgenheit, Verlässlichkeit und Förderung. Sieben Mädchen und Jungen im Alter zwischen sechs und zwölf Jahren leben derzeit zusammen in einem Einfamilienhaus in Hamburg-Rahlstedt, das ganz auf die Kinder zugeschnitten ist. Um das gemeinsame Lernen, Spielen sowie um die Organisation des Alltags kümmern sich acht feste Fachkräfte.
Wenn die gewohnten Tagesabläufe, die soziale Interaktion mit der Familie, der Schule oder im Sportverein plötzlich entfallen, drohen Verunsicherung und zum Beispiel Verlust- oder Existenzängste. Für uns eine ganz besondere Herausforderung, die Lebensqualität trotz der Corona-Pandemie so gut wie möglich zu erhalten. Kreidemalen, Trampolinspringen, Sport-, Garten- und Gesellschaftsspiele brachten Abwechslung in den Corona-Alltag. An die Stelle der persönlichen Besuchstermine mit den Eltern mussten Telefonate und Videochats treten. Zu diesem Zweck haben wir kurzfristig zusätzliche Handys angeschafft, um dem verstärkten Bedürfnis an regelmäßigen Kontakten zur Familie Rechnung zu tragen. Da die Anschaffung der Handys nicht regelfinanziert ist, haben wir uns sehr über entsprechende Spenden gefreut.
Leider fehlt es aber seit Corona noch an manchen anderen Dingen, die ergänzend über Spenden finanziert wurden. Beispielsweise wurden dringend Laptops für das Homeschooling benötigt. Diese wurden uns von Hamburger Unternehmen unbürokratisch und schnell frühzeitig gespendet. Die dringend erforderliche IT-Ausstattung war auch deshalb so wichtig, da die Kids im KinderWohnen aufgrund ihres erhöhten Förderbedarfs eine deutlich intensivere schulische Begleitung benötigen.
Dennoch erwachsen aus den Herausforderungen auch Chancen für einen Alltag nach Corona: Der Zusammenhalt als Gruppe ist stärker geworden und hat alle Beteiligten auf eine andere Form einander nähergebracht. Das verbindet und wird bleiben!
Gartenprojekt in der Rothestraße: Gießen und Geduld statt Corona-Alltag!
Die Corona-Pandemie bremste uns alle aus. Viele Aktivitäten fielen weg und hinterließen Lücken im Alltag. Kontaktbeschränkungen und Besuchsverbote ließen wenig soziale Interaktion zu und auch die Tagesförder- und Werkstätten waren nicht geöffnet.
Umso schöner, wenn man einen Garten hat – und dazu eine passende Idee. Und so entstand im herrlichen Hinterhofgarten des Wohnangebots Rothestraße in Hamburg-Ottensen ein neues Gemüsebeet. Mit Begeisterung sind seitdem einige Klient*innen und Assistent*innen der Hausgemeinschaft dabei: Gemeinsam wurden Weidenruten gekürzt, Gemüsepflänzchen gesetzt und das kleine Erdbeerfeld umzäunt. Jetzt nur noch regelmäßig gießen, die Beete pflegen, Geduld haben und die Ernte einfahren.
Ihre Spenden haben dies möglich gemacht!
Einzelbegleitungen: In Krisenzeiten unverzichtbar!
Doch dann kam alles anders ... so wie bei Johanna Ost*: Die 26-jährige Frau mit Trisomie 21 – auch „Down-Syndrom“ genannt – wollte eigentlich nach überstandenem psychiatrischen Klinikaufenthalt in ein neues, für sie passendes Wohnangebot ziehen und in einer Werkstatt arbeiten. Durch die Corona-Pandemie aber durften die Wohnangebote keine neuen Bewohner*innen aufnehmen, Werkstätten wurden geschlossen. Zudem gehört Johanna aufgrund einer Atemwegsverengung zur Risikogruppe und ist somit ständig auf ihre Mutter angewiesen.
Die neue Situation überforderte Johanna. Sie litt unter Angstzuständen, wurde aufbrausend und war schwer zu alltäglichen Dingen wie Aufstehen oder Zähneputzen zu bewegen. Heimlich schlich sie sich aus der Wohnung und verbrachte die Nacht in einer kleinen Hütte auf einem nahe gelegenen Spielplatz. Frühmorgens ging sie an den einzigen Ort zurück, den sie kannte: nach Hause. „Kompass kaputt“ sind ihre Worte, wenn sie ihre Gefühlswelt in solchen Momenten beschreibt.
Ihrer Mutter Martina war klar, dass ihre Tochter dringend Hilfe braucht, einen Profi an ihrer Seite. Jemanden, der sich mehrere Stunden die Woche ausschließlich um die junge Frau kümmert. Der für sie da ist, ihr zuhört und sie ebenso gezielt wie intensiv pädagogisch unterstützt. Eine Einzelbegleitung.
Doch dafür gibt es leider keine öffentlichen Gelder. Und die Krankenkassen zahlen auch nicht für diese sinnvolle Hilfeleistung. Daher sind wir nicht nur im Fall von Johanna Ost auf die Hilfe unserer Spender*innen angewiesen. Seit der Corona-Pandemie ist der Bedarf an Einzelbegleitungen bei uns in der Ev. Stiftung Alsterdorf erheblich gestiegen.
Und wie wirkungsvoll eine Einzelbegleitung ist, das wissen wir nur zu gut. Eine professionelle Betreuung hilft dabei, sich in Krisensituationen wieder zu stabilisieren. Den „Kompass“ neu zu justieren. Die traumatischen Erlebnisse zu bewältigen und einen Weg aus der Isolation zu finden. Dafür brauchen wir Sie, unsere Spender*innen.
* Name zum Schutz der Personen geändert.
Weitere tolle Projekte waren:
„alsterspectrum“: Inklusive Betriebsstätte zur gegenseitigen Inspiration
Inklusion, Kooperation, Integration – im Businesspark Bahrenfeld konnten wir auf über 4.000 m2 trotz der Pandemie und deren Hürden ein umfangreiches Projekt realisieren, das lange vor Corona geplant wurde und nicht nur viele Arbeitsplätze aus dem kreativen, handwerklichen und kunsthandwerklichen Bereich zusammenführt, sondern auch zur gegenseitigen Inspiration einlädt: das alsterspectrum.
In dieser inklusiven Betriebsstätte wurden unterschiedliche, bereits bestehende Gewerke der alsterarbeit gGmbH vereint, ohne dass sie ihre Eigenständigkeit verlieren: von der Keramikwerkstatt und der Kerzenmanufaktur über den Offset- und Digitaldruck mit Grafik, Laser, Buchbinderei, Post- und Paketversand bis hin zum Büroservice. Zudem haben wir auch interne Serviceleistungen/Arbeitsbereiche wie den Hausservice und das Lager.
In unmittelbarer Nachbarschaft befinden sich gewerbliche Mieter, mit denen bereits ein reger Austausch oder gar Kooperationen stattfinden – beispielsweise mit den Kanzleien oder der Kaffeerösterei. Der Austausch untereinander ist unkompliziert, das Kennenlernen anderer Arbeitsgebiete selbstverständlich. In unserem Laden hier auf dem Gelände werden unsere kunsthandwerklichen Produkte zum Verkauf angeboten. Dabei unterstützen uns die Beschäftigten tatkräftig.
40 Menschen mit hohem Unterstützungsbedarf aus der Tagesförderung sowie 120 Menschen aus dem Berufsbildungs- und Arbeitsbereich der Werkstatt gehen hier seit Mai 2020 einer regelmäßigen Tätigkeit nach. Mit dem alsterspectrum haben wir eine ganz neue Art der Zusammenarbeit zwischen Menschen mit und ohne Behinderung geschaffen. So haben die Beschäftigten die Möglichkeit, je nach individueller Verfassung zwischen den unterschiedlichen Angeboten zu wechseln, ohne dass der Standort gewechselt werden muss. Zudem entwickeln wir quartiersbezogene Aktivitäten, die das Thema „Inklusives Arbeiten und Leben im Quartier“ für Menschen mit und ohne Handicap in den umliegenden Stadtteilen erlebbar machen.
Um dieses vorbildliche Projekt realisieren zu können, musste die neue integrierte Betriebsstätte umfassend ausgebaut und ausgestattet werden. Die Gesamtkosten hierfür beliefen sich auf rund 500.000 Euro, der Eigenanteil von alsterarbeit betrug 346.000 Euro. Für die restliche Summe in Höhe von 154.000 Euro waren wir auf Spenden angewiesen. Wir sind glücklich und dankbar, dass mit Ihrer großzügigen Hilfe dieses wunderbare Projekt umgesetzt werden konnte! Hamburg ist um ein Stück gelebte Inklusion reicher und die großartigen Leistungen von Menschen mit Behinderung sind sichtbarer geworden!
„Haus5“: Inklusionsunternehmen mit Vorbildcharakter – und mit neuem Garten- und Landschaftsbaubetrieb
Die Haus5 Service gGmbH, ein Tochterunternehmen der alsterarbeit gGmbH, ist eines von derzeit sieben Inklusionsunternehmen in Hamburg – und damit etwas Besonderes. Doch das Haus5 verfügt darüber hinaus über ein Alleinstellungsmerkmal, das es zu einem echten Vorbild macht: Weit mehr als die Hälfte aller Mitarbeiter*innen haben eine anerkannte Schwerbehinderung – damit ist die Quote höher als bei den anderen Inklusionsunternehmen. Hinzu kommen 40 Mitarbeitende aus der Werkstatt für Menschen mit Behinderung, die hier ihren Einzelarbeitsplatz haben.
Bislang bot Haus5 verschiedene Arbeits- und Beschäftigungstätigkeiten in den Bereichen Restaurant, Catering und Gebäudereinigung an. Und diese Tätigkeitsfelder haben wir um einen attraktiven Bereich erweitert: den Garten- und Landschaftsbau, kurz „GaLa Bau“ genannt. Dieser neue inklusive Geschäftsbereich knüpft an die „alstergärtner“ an, die sich mit ihren sechs Standorten eine hervorragende fachliche Reputation in Hamburg erarbeitet haben. Doch die alstergärtner sind eher auf die Pflege von Grün- und Landschaftsflächen ausgerichtet, Gartenbau-Aufträge wie beispielsweise die Anlage von Wegen, Gartenteichen oder größere Erdarbeiten wurden bislang an externe Subunternehmer vergeben. Genau diese Lücke schließt nun GaLa Bau. Dabei liegen die Schwerpunkte auf Gartenbau, -umgestaltung und Neuanlagen sowie in den Wintermonaten auf Winterdienstleistungen einschließlich Schnee- und Eisbeseitigung.
Zehn sozialversicherungspflichtige und tarifentlohnte Arbeitsplätze wurden hier geschaffen. Das Team umfasst zur Hälfte Menschen mit unterschiedlichen Beeinträchtigungen. Sie haben bei GaLa Bau eine Beschäftigung gefunden, die ihren Stärken und persönlichen Interessen entspricht. Das stärkt nicht nur das Selbstwertgefühl, sondern reduziert zudem auch die Arbeitslosenquote dieser Zielgruppe.
In Hamburg-Langenhorn wurden für GaLa Bau geeignete Räumlichkeiten angemietet, die an eine bestehende Betriebsstätte der Muttergesellschaft alsterarbeit angebunden sind. Vorhandene Infrastrukturen können also mitgenutzt werden. Die neuen Räume wurden auf die unterschiedlichen Assistenzbedürfnisse der einzelnen Mitarbeiter*innen angepasst, es wurde ein moderner Fuhrpark angeschafft und in Maschinen und Geräte investiert, die einfach und mit wenig Kraftaufwand – gerade auch für Menschen mit erhöhtem Assistenzbedarf – zu handhaben sind.
Ein Großteil der Investitionskosten konnte durch Aktion Mensch und das Integrationsamt Hamburg gedeckt werden. Dennoch belief sich der Eigenanteil der Anschaffungskosten durch das Haus5 auf etwa 170.000 Euro – davon mussten rund 132.000 Euro durch Spenden aufgebracht werden. Und wir sind sehr glücklich darüber, dass dank der Großzügigkeit unserer Spender*innen bereits viele Aufträge zur Zufriedenheit unserer Kund*innen erledigt werden konnten. In Corona-Zeiten durften Tätigkeiten im Freien weiterhin stattfinden, was für das Team von GaLa Bau ein großes Glück war – zumal Gartenbau-Tätigkeiten gerade während der Pandemie besonders stark nachgefragt waren und sind. Das Wichtigste für uns ist allerdings, dass Menschen mit hohem Unterstützungsbedarf hier arbeiten und wirken dürfen und durch ihre Tätigkeit bei GaLa Bau so selbstbestimmt wie möglich leben können.