350 Mitarbeitende an 22 Standorten in Schleswig-Holstein – das ist klaarnoord. Die neue Gesellschaft im Verbund der ESA ist der Zusammenschluss der bisherigen Tochtergesellschaft tohus mit den 16 Standorten der alsterdorf assistenz ost (aaost) im nördlichsten Bundesland. Was zeichnet klaarnoord aus? Wie wachsen die verschiedenen Standorte zusammen? Und warum ist der ungewöhnliche Name ein echtes Statement? Die Redaktion traf die Geschäftsführung von klaarnoord, Tobias Gaiser und Sandra Waschinski, zum Gespräch.
Viel Veränderung im Norden: Was waren die Gründe für den Zusammenschluss zur neuen Gesellschaft klaarnoord?
Tobias Gaiser: Am Anfang stand die Frage, wie wir die Kompetenzen und vielfältigen Angebote der ESA in Schleswig-Holstein besser vernetzen können. Sowohl die tohus als auch die Standorte der alsterdorf assistenz ost standen vor den gleichen Herausforderungen: Gesetzliche Vorgaben auf Landesebene oder die anstehenden Verhandlungen neuer Leistungsvereinbarungen finden unter den für Schleswig-Holstein gültigen Rahmenbedingungen statt. Uns war schnell klar, dass das Zusammenführen aller Angebote in einer Gesellschaft große Vorteile bringt. In einer gemeinsamen Organisationsstruktur können wir unsere Arbeit besser aufeinander abstimmen und zukunftsfähig gestalten.
Sandra Waschinski: Mit klaarnoord richten wir die Vielfalt unserer Angebote noch stärker als bisher an sozialräumlichen Aspekten aus. Das stärkt die Vernetzung unserer Kolleg*innen vor Ort und ermöglicht es uns, übergreifende Leistungsangebote zu machen. Der Weg dorthin ist ein großer Veränderungsprozess für alle Mitarbeitenden und auch für die Klient*innen. Uns war es in der Vorarbeit bis zum Start der klaarnoord am 1. Januar 2024 wichtig, dass diese gemeinschaftlich, transparent und sehr wertschätzend verläuft. Dieser Ansatz gilt auch weiterhin und wird uns im weiteren Prozess begleiten.
Wie haben Sie die Mitarbeiter*innen an den verschiedenen Standorten im Veränderungsprozess mitgenommen? Was war Ihnen dabei besonders wichtig?
Tobias Gaiser: Mit der tohus und den Standorten der alsterdorf assistenz ost gab es gewachsene Organisationen, mit eigenen Abläufen, Strukturen und Netzwerken – und natürlich auch jeweils mit einer eigenen Kultur und einer individuellen Prägung durch die Arbeit mit den Menschen und Klient*innen. Dies gilt es erst einmal zu erfassen und ein gegenseitiges Verständnis füreinander zu entwickeln. Wir haben uns im Vorfeld des Zusammenschlusses viele Gedanken darüber gemacht, wie wir die Mitarbeitenden bestmöglich „mitnehmen“ können. Im Sommer 2023 sind wir sehr frühzeitig in die direkten Gespräche mit den Mitarbeitenden gegangen. Sandra Waschinski und ich haben über einen größeren Zeitraum alle Standorte besucht, um die Möglichkeit für ein gegenseitiges Kennenlernen zu schaffen.
Sandra Waschinski: Neben dem Kennen- lernen ging es dabei natürlich vor allem auch darum, Vertrauen zu schaffen. Dies möchten wir auch weiterhin füreinander entwickeln und ausbauen. Die Besuche an den Standorten waren uns sehr wichtig, da es natürlich viele Fragen, Vorbehalte und auch persönliche Sorgen bei den Mitarbeitenden gab. Wir hoffen, dass wir diese in den Gesprächen gut abholen und so die Basis dafür schaffen konnten, dass das große Projekt klaarnoord gelingt. Wir haben ganz tolle Mitarbeitende, mit viel Wissen, Kompetenz und Kreativität, aber auch mit unterschiedlichen Perspektiven und Herangehensweisen. Diese Vielfalt werden wir nutzen, um miteinander und voneinander zu lernen. Ich bin zuversichtlich, dass Schritt für Schritt eine Identifikation mit dem neuen Unternehmen entstehen wird, dass sich alle als Teil des Ganzen verstehen und sich aktiv bei der Entwicklung von klaarnoord und beispiels- weise auch einem gemeinsamen Leitbild einbringen werden.
Der Name ist ein Statement: Wofür steht klaarnoord?
Tobias Gaiser: Wir stehen für Offenheit, klare Werte, Vielfalt, Freiräume und ehrliche Kommunikation. Dem soll der neue Name Ausdruck verleihen. In den Überlegungen zur Namensfindung spielte eine große Rolle, unsere regionale Verortung in Schleswig- Holstein zu betonen. Wir sind in unserer Region zu Hause, hier leben und arbeiten wir, hier sind wir für unsere Klient*innen da. So ist der Name nicht nur ein Statement, sondern auch unsere Verantwortung, dass unsere Werte und Haltungen in der klaarnoord gelebt werden und sich überall wiederfinden.
Und wir sind wirklich froh und dankbar, dass die ESA mit Vorstand und Stiftungsrat diesen Weg auch mitgegangen ist, weil klaarnoord als Name doch ein wenig heraussticht und auffällt.
Was nehmen Sie sich für das erste Jahr klaarnoord vor?
Sandra Waschinski: Wir sind bereits ganz gut in der neuen Gesellschaft angekommen, auch wenn es noch einige strukturelle und kommunikative Herausforderungen gibt, die wir gemeinsam angehen. Und natürlich treffen wir als Führungsteam jetzt Entscheidungen, die für alle Standorte und Bereiche von klaarnoord verbindlich sind. Wir nehmen uns aber die Zeit, die Mitarbeitenden kennenzulernen und dafür zu sorgen, dass sich die Kolleg*innen gegenseitig kennenlernen können. Dass wir verstehen, warum Dinge so laufen, wie sie laufen, welche bestehenden Abläufe und Prozesse hinterfragt werden müssen, um im Sinne aller Beteiligten voranzukommen.
Tobias Gaiser: Ohne Zweifel gilt es auch, die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen zu berücksichtigen. Aber der Zusammenschluss erfolgte nicht aus einer wirtschaftlichen Zwangslage heraus, sondern ohne Druck und mit dem klaren Ziel, als Unternehmen in Schleswig-Holstein stark und sichtbar zu sein und wertvolle Synergien in einer gemeinsamen Organisation zu heben. Das braucht Zeit und manchmal auch kurz den „Fuß auf der Bremse“.
Es ist auch für uns immer wieder eine Herausforderung, Geduld zu haben und nicht vorschnell Dinge auf die Spur zu setzen. Wir werden weiterhin zuhören, nachfragen und verstehen, um dann gute Entscheidungen zu treffen. Dann kann es uns gelingen, das Beste aus beiden Welten (sprich: die tohus und die ehemaligen Standorte der aaost in Schleswig-Holstein) zu erhalten und in den kommenden Monaten weiter zusammenzuführen. Ich wünsche mir, dass alle Mitarbeitenden am Ende des Jahres mit positiven Gedanken und Gefühlen auf die zurückliegenden Monate blicken und Lust darauf haben, klaarnoord gemeinsam voranzubringen.
Text: Ingo Briechel
Der Artikel erschien ursprünglich im alsterdorf Magazin 02 2024.
Veröffentlichungsdatum: