„Noch ein langer Weg zur inklusiven Gesellschaft“

Am 26. März vor 15 Jahren ist die UN-Behindertenrechtskonvention in Deutschland in Kraft getreten. Doch die Bemühungen um eine inklusive Gesellschaft und barrierefreie Teilhabe in allen Lebensbereichen sind noch zu zögerlich – das wurde Deutschland in einem Monitoring-Bericht des Instituts für Menschenrechte bescheinigt. Auch die Evangelische Stiftung Alsterdorf macht diese Erfahrung in vielen ihrer Arbeitsbereiche und fordert mehr Tempo bei der Umsetzung der Behindertenrechtskonvention und einen glaubwürdigen Willen zur Weiterentwicklung.

In der Tradition unseres Gründers Heinrich Matthias Sengelmanns sind wir an der Seite der Menschen, die von gesellschaftlicher Ausgrenzung bedroht sind oder sie erleben – aufgrund von Behinderung oder Krankheit, Obdachlosigkeit oder Alter“, sagt Pastor Uwe Mletzko, Vorstandsvorsitzender der Evangelischen Stiftung Alsterdorf (ESA).

„Wir haben in den vergangenen vier Jahrzehnten der Konversion von einer Anstalt zu einem inklusiven und sozialraumorientiertem diakonischen Unternehmen große Fortschritte gemacht, was den Abbau von Barrieren, Selbstbestimmungsrechte der betroffenen Menschen und die Förderung von Teilhabe angeht – aber hin zu einer wirklich inklusiven Gesellschaft ist es noch ein langer Weg“, beschreibt  Mletzko die derzeitige Situation.

Beispiel Gesundheit: Menschen mit Behinderung erleben immer noch viele Hindernisse im Zugang zu Gesundheitsversorgung. Die Folge: Sie leiden unnötig an Schmerzen, Krankheiten werden oft zu spät erkannt und nicht angemessen behandelt. Das schränkt sie in ihren Teilhabemöglichkeiten ein. Zum Beispiel ist die gynäkologische Vorsorge für körperlich eingeschränkte Personen teilweise nur in Bremen möglich, weil dort die Voraussetzungen geschaffen wurden.

Beispiel Arbeit: Arbeit ist ein wichtiger Teil von Selbstbestimmung und Selbstständigkeit. Tatsächlich ist es für viele Menschen mit Behinderung schwierig, einen Arbeitsplatz auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu finden. Hier gibt es bürokratische Barrieren, aber auch Vorbehalte und Unsicherheit auf Seiten der Unternehmen. Mletzko: „Wir unterstützen Menschen dabei, einen passgenauen, individuellen Arbeitsplatz zu finden. Dafür brauchen wir auch die Offenheit auf Seiten der Unternehmen. Hier gibt es Fortschritte, aber es ist noch sehr viel Luft nach oben.“

Die UN-Behindertenrechtskonvention beschreibt, welche Anforderungen an gerechte Teilhabe an die unterzeichnenden Staaten gestellt werden. Pastor Mletzko: „Vieles, was dort beschrieben ist, wurde auch 15 Jahre nach Inkrafttreten nicht umgesetzt. Die gesellschaftliche Akzeptanz und der Wille in der Bevölkerung und in Betrieben, hier konsequent zu handeln und Perspektiven für Gesundheit, Arbeit, Wohnen und Freizeit weiter auszubauen, gehen nur schleppend voran auch verzögert. Hier sind wir alle gefragt: Inklusion geschieht nicht von allein. Wir als Evangelische Stiftung Alsterdorf warten nicht auf Veränderung, sondern initiieren sie kooperativ in strategischen Partnerschaften. Wir verbinden persönliche, zivilgesellschaftliche, wirtschaftliche und politische Aspekte und wollen damit Treiber für gesellschaftliche Veränderungen sein. Damit die Bilanz in fünf Jahren besser aussieht.“

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